Die Folgen von Digitalisierung und KI in der Haustechnikbranche

Über die Aufwertung der Berufsbilder der Heizungsinstallateure, Klima- und Gebäudetechniker

Die Digitalisierung, das Internet der Dinge und die Entwicklungen in den Bereichen Virtual Reality sowie der Künstlichen Intelligenz (KI) verändern nicht nur die Industrie, sondern auch das Handwerk. Insbesondere die Berufe in der Haustechnikbranche sind von dieser Entwicklung betroffen, weil hier zahlreiche neue Technologien Einzug gehalten haben. Den Rat vom Handwerker gibt es heute per WhatsApp, der „Smart-Home-Handwerker“ garantiert eine sichere Vernetzung der Dinge zuhause, und das neue Bad wird mit dem virtuellen Raumplaner zusammengestellt. Virtuelle Realität in der Bad-Planung ist keine Zukunftsmusik mehr, sondern bereits in der Realität angekommen.

Diesen strukturellen Wandel der gesamten Haus- und Klimatechnikbranche halte ich für eine große Chance. Die digitale Vernetzung im Bereich der Heizungs- und Energietechnik dient nicht nur der Lösung einiger gravierender Herausforderungen wie beispielsweise der Energie- und Wärmewende, sondern stellt auch einen wichtigen Wachstumsmarkt dar. Im Zuge dieses Wandels kommt es auch zu einer Aufwertung aller angrenzenden Berufsfelder – angefangen beim Heizungsinstallateur über den Energie- und Klimatechniker bis hin zum Gebäudetechniker. 

Steigende Ansprüche an die Ausbildung und Zukunftsfähigkeit der Berufe

Die Technologisierung und Digitalisierung der Haustechnik sowie der Heizungs-, Klima- und Energietechnik hat zur Folge, dass tägliche Aufgaben und Inhalte komplexer werden. Damit steigen nicht nur die Ansprüche bei der Ausbildung, sondern gleichzeitig auch das Ansehen und die Attraktivität der Berufe selbst. Der traditionelle Handwerker wird zum Experten neuester Technik und zum Berater für modernes Wohnen. Angesichts einer Situation, in der es immer schwieriger wird, alle Ausbildungsplätze zu besetzen, ist dies ein wichtiger Aspekt.

Seit Sommer 2021 gibt es zudem den neuen Ausbildungsberuf „Elektroniker für Gebäudesystemintegration“. Dieser Beruf wurde speziell eingeführt, um den Anforderungen der Digitalisierung und der wachsenden Nachfrage nach Smart-Home-Lösungen gerecht zu werden. Die Schwerpunkte der Ausbildung liegen in der Vernetzung und gewerkeübergreifenden Gebäudetechnologien, der Umsetzung individueller Systemlösungen für verschiedene Gebäudegrößen sowie der Umsetzung gebäudetechnischer Komplettlösungen. 

Auch für bereits ausgebildete Elektroniker gibt es spezielle Fortbildungen, die sich auf Smart-Home-Technologien konzentrieren, wie zum Beispiel die Fortbildung „Intelligente Gebäudetechnik und Systemvernetzung“ der Handwerkskammer Ulm. Inhalte solcher Fortbildungen umfassen Netzwerktechnik, Hausautomatisierungssysteme, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik sowie Sicherheitstechnik. Diese neuen Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten verdeutlichen, wie wichtig Smart-Home-Technologien für das Elektrohandwerk geworden sind.

Der durch KI ausgelöste Wandel in der Haustechnikbranche

Ein weiteres wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist der Einsatz von KI-Technologien. Der digitale Wandel bringt neue datenbasierte Geschäftsmodelle wie „Predictive Maintenance“ hervor, bei dem Handwerker KI-Algorithmen nutzen, um anhand von Sensordaten vorherzusagen, wann Wartungen oder Reparaturen an Geräten nötig werden, bevor es zu Ausfällen kommt.

Moderne Smart-Home-Systeme ermöglichen es Handwerkern zudem, Gebäude- und Anlagentechnik remote zu überwachen und bei Problemen Fernwartungen durchzuführen. Hierbei können KI-gestützte Assistenzsysteme den Handwerkern bei der Fehlerdiagnose und -behebung unterstützen. Der Einsatz von KI kann auch die internen Abläufe bei Smart Home Handwerkern optimieren, beispielsweise bei der Planung, Terminvergabe oder Materialdisposition. Algorithmen erkennen Muster in Kundendaten und geben Empfehlungen, was die Effizienz und Produktivität steigert.

Darüber hinaus können Chatbots und virtuelle Assistenten, die auf KI-basierten Dialogsystemen aufbauen, Kunden bei der Auswahl und Konfiguration von Smart-Home-Lösungen unterstützen. So können Handwerker ihre Kapazitäten effizienter nutzen und sich auf komplexere Aufgaben konzentrieren. Damit zeigt sich zunehmend, dass der Einsatz von KI-Technologien das Geschäftsmodell und die tägliche Arbeit von Smart Home Handwerkern in vielerlei Hinsicht verändern und verbessern kann. Die Digitalisierung der Branche schreitet voran und macht den Beruf attraktiver, indem neue, zukunftsfähige Aufgaben hinzukommen.

Damit wird nicht nur die Zukunftsfähigkeit sichergestellt – für Berufsanfänger wie für erfahrene Fachkräfte bieten sich gleichermaßen Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Allein durch den rasanten Fortschritt und die immer kürzer werdenden Innovationszyklen werden Fort- und Weiterbildungen für Heizungs- und Klimatechniker in Zukunft zur Norm werden. 

Auslöser für Veränderungen und Grundlage für neue Geschäftsmodelle

Betrachtet man den Bereich der Gebäude- und Energietechnik genauer, wird schnell klar, was der Auslöser und Treiber für den Wandel ist: Die IT hält in allen Bereichen, von Haushalts- bis hin zu Industriekunden, Einzug und verändert die Rolle des Einzelnen zum Teil grundlegend. Im Bereich der privaten Haushalte wandeln sich die reinen Konsumenten zu Energieproduzenten und werden damit zu einem aktiven Marktakteur im Energiesektor. Um diese Funktion erfüllen zu können, brauchen sie professionelle Partner an ihrer Seite, die sich verlässlich um die Installation von Hardware, Sensorik und Softwarekomponenten kümmern.

Mit der Digitalisierung der Gebäudetechnik und der Technologisierung nimmt der Grad an Komplexität stetig zu, und mit ihm steigt zugleich auch die Wartungsintensität. Für Gebäude- und Klimatechniker bieten sich damit ganz neue Geschäftsmodelle: Wartungsverträge und Contracting-Modelle sind eine Konsequenz, um dem gestiegenen Bedarf der Kunden zu begegnen. Insbesondere durch die Auswertung von Nutzerdaten lassen sich neue Methoden zur Fernwartung, beziehungsweise datenbasierte „Predictive Maintenance“, anbieten. Datengetriebene Betriebe in der Heizungsbranche wissen in Zukunft genau, wann welches Gerät gewartet werden muss und können es reparieren, noch bevor es kaputt geht. 

Digitalisierung des Handwerks in der Praxis

Wie die gelungene Digitalisierung aller Prozesse entlang der Customer Journey eines Heizungskunden aussieht, zeigt das Beispiel „Kesselheld“. Hier haben die Kunden die Möglichkeit, sich online mit wenigen Klicks einen Überblick über ihr eigenes Heizverhalten zu verschaffen. Ein Foto über die Einbausituation kann via WhatsApp, E-Mail oder SMS an die Installateure geschickt werden, damit diese ein möglichst genaues Angebot über geeignete Heizungssysteme erstellen können.

Angesichts der komplexen Situation am Energiemarkt gehört zur Beratungsleistung auch die Information über Förderungsprogramme und Finanzierungsmöglichkeiten. Durch die Digitalisierung können beispielsweise bei auftauchenden Schwierigkeiten zeit- und kostengünstige Lösungswege angeboten werden: Ein Live-Video kann möglicherweise eine teure Anfahrt ersparen und schon zur Behebung eines Problems genügen.

Der digitale Wandel führt zur vollständigen Transformation der Energie- und Haustechnikbranche 

Nahezu jeder Aspekt der Beziehung zwischen Kunden und Handwerkern, Installateuren oder Technikern ist von der umfassenden Transformation betroffen. Angefangen von der Suche eines geeigneten Betriebs über die Beratung und Kommunikation bis hin zur Installation und Wartung der Anlagen. Die zunehmende Technisierung macht eine Professionalisierung in all diesen Bereichen zwingend erforderlich und wird in den kommenden Jahren die gesamte Branche der Heizungs-, Klima- und Gebäudetechnik grundlegend verändern. Diese Veränderungen sind aber alles andere als ein Anlass zur Sorge: Sie werden meiner Überzeugung nach zu einer Aufwertung der Berufe und des Handwerks insgesamt führen, für mehr Wachstum sorgen und einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Wärmewende leisten.

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Das Smart Building 2.0 - Wie Künstliche Intelligenz und neue Technologien unser Leben revolutionieren

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Matter: Die Revolution im Smart Home – zwei Jahre später