Matter: Die Revolution im Smart Home – zwei Jahre später

Vor zwei Jahren wurde Matter als ein ambitionierter Smart-Home-Standard mit dem Versprechen eingeführt, das Smart Home zu vereinheitlichen. Als gemeinsame Initiative von Schwergewichten wie Amazon, Apple und Google, sollte dieser Standard die Interoperabilität zwischen Geräten verschiedener Hersteller sicherstellen und gleichzeitig die Sicherheit erhöhen. Heute werfen wir einen Blick darauf, wie weit Matter gekommen ist, welche Herausforderungen es gibt und was die Zukunft bereithält.

Die Vision: Entwicklung eines einheitlichen und umfassenden Matter-Standards

Nur zur Erinnerung: Matter startete mit einer klaren Vision. Der neue Standard sollte eine universelle Sprache für Smart-Home-Geräte schaffen, der auf IP-basierten Übertragungsprotokollen basiert. Anfänglich wurden vernetzte Geräte rund um die Beleuchtung, Thermostate und Sicherheitssysteme unterstützt. Diese wurden aber schnell um Haushaltsgeräte und Sensoren erweitert, was die Anpassungsfähigkeit und Reichweite von Matter unterstrich.

Auch die Integration in bestehende Ökosysteme war ein frühes Thema. Die schnelle Annahme durch führende Smart-Home-Plattformen wie Amazon Alexa, Apple HomeKit, Google Home und Samsung SmartThings unterstrich den Anspruch von Matter, zu einem Eckpfeiler der modernen Smart-Home-Infrastruktur zu werden. Diese Integration sollte es Nutzern ermöglichen, nahtlos Geräte über verschiedene Ökosysteme hinweg zu steuern. Nun stellt sich die Frage, ob dieses Versprechen eingelöst wurde.

Allgemeine Kritik und aktuelle Herausforderungen

Die anfängliche Begeisterung, dass sich Smart-Home-Geräte unterschiedlicher Hersteller bald einfacher einrichten und gemeinsam nutzen lassen würden, hat sich zeitweise gelegt. Zwar beweisen die ersten Schritte, dass Matter funktioniert. Immer häufiger wird jedoch auch die Kritik laut, dass die umfassende Revolution bisher ausblieb.

Das liegt unter anderem am Bridge-Dilemma. Trotz des ambitionierten Starts stieß Matter auf technische Herausforderungen. Insbesondere bei der Implementierung der Bridge-Funktionalität kam es zu Verzögerungen und Kompatibilitätsproblemen. Unterschiedliche Plattformen boten unterschiedliche Grade der Unterstützung und Funktionalität, was die Versprechen von Universalität und Einfachheit ein gutes Stück weit in Frage stellte.

Auch der Sicherheitsansatz und die Multi-Admin-Fähigkeiten – einschließlich der Nutzung von Blockchain-Technologie für die Authentifizierung von neuen Geräten – sollten bekanntlich als Basis der Sicherheitsarchitektur für neue Standards dienen. Die Multi-Admin-Funktion, die eine Gerätesteuerung über mehrere Systeme ermöglicht, erwies sich jedoch als komplex in der Umsetzung, was die Nutzerfreundlichkeit beeinträchtigte.

Baustelle Thread-Protokoll

Das Funkprotokoll Thread spielt eine entscheidende Rolle im Ökosystem des Matter-Standards, indem es die Bildung großer, selbstorganisierender Netzwerke ermöglicht. Auf diese Weise können Endgeräte und sogenannte Border-Router, unabhängig vom Hersteller, nahtlos in einem gemeinsamen Netzwerk zusammenarbeiten. Doch die Realität entspricht noch nicht ganz dieser Idealvorstellung.

Aktuell treten in der Praxis Schwierigkeiten auf, insbesondere beim herstellerübergreifenden Einsatz dieser Border-Router. Anstelle eines einheitlichen Thread-Netzwerkes errichten einige Matter-Controller separate Netzwerke, was zu einer Fragmentierung führen kann. Diese Fragmentierung verhindert die Bildung eines starken, zentralen Mesh-Netzwerks und wird bei zu großen Distanzen zwischen den Komponenten zu Verbindungsproblemen führen.

Auch Ansätze, ein herstellerübergreifendes Mesh-Netzwerk zu etablieren, laufen oft instabil. Im Moment arbeiten Systeme wie Apples Home-Plattform oder Google Home am effizientesten mit ihren eigenen Produkten – sicherlich ein durchaus gewollter „Nebeneffekt“.

Die Thread Group, verantwortlich für die Weiterentwicklung von Thread, hat erkannt, dass Optimierungen notwendig sind. Sie plant, das Teilen von Zugangsdaten (sog. „Credentials“) über Systemgrenzen hinweg zu verbessern und Netzwerk-Diagnostiktools zu standardisieren, um die Fehlersuche zu vereinfachen. Lösungen sind also in Arbeit, sodass es eine Frage der Zeit ist, bis diese Maßnahmen greifen und das nahtlose, herstellerübergreifende Zusammenspiel Realität wird.

Sprachsteuerung mit Sprachbarrieren 

Ein weiterer kritischer Aspekt betrifft die Sprachsteuerung des Smart Homes mit Matter. Obwohl Steuerbefehle per App innerhalb des Heimnetzwerks wie versprochen funktionieren, erfordert die Nutzung von Sprachbefehlen – aber auch komplexe Automatisierungen und zusätzliche Funktionen – weiterhin eine Vielzahl an Hersteller- und Spezial-Apps oder deren Online-Dienste. Dies deutet darauf hin, dass es noch Jahre dauern könnte, bis die „Sprachbarrieren“ im Smart Home vollständig abgebaut sind und die Vorteile des einheitlichen Standards wirklich spürbar werden.

Auswirkungen auf den Smart-Home-Markt

Trotz all dieser Hindernisse hat Matter bereits jetzt den Smart-Home-Markt nachhaltig beeinflusst, indem es die Fragmentierung verringerte und neue Möglichkeiten für die Entwicklung innovativer Produkte schuf. Die Einführung von Matter hat zu Interoperabilität und Sicherheit auf einem völlig neuen Niveau geführt, die sowohl viele Hersteller und insbesondere Verbraucher begrüßen.

Allen voran haben die großen Player auf dem Markt wie Amazon, Google, Apple und Samsung Matter in ihre Systeme integriert – wenngleich manchmal auch zu zögerlich oder halbherzig, um sich weiterhin gegen Wettbewerber abzuschotten. Doch sind längst auch einige kleinere Anbieter wie Eve Systems, EnOcean und Philips Hue der Matter-Allianz beigetreten. Viele der insgesamt rund 300 Unternehmen warten jedoch mit Ankündigungen zu Produktentwicklungen ab oder statten nur zögerlich ihre Geräte mit Matter-Kompatibilität aus.

Benutzerfreundlichkeit: Installation & Einrichtungsprozess

Die Plug & Play-Funktionalität, unterstützt durch QR-Codes und Bluetooth, sollte die Einrichtung vereinfachen. In der Praxis zeigte sich, dass die unterschiedlichen Anforderungen der Plattformen und Bridges die Installation auch erschweren können. Die Vision einer unkomplizierten Einrichtung ist demnach nach wie vor ein Ziel, das Matter zu erreichen sucht.

Der Einsatz des QR-Codes auf Geräten, die mit dem Matter-Standard kompatibel sind, bietet zweifellos eine Erleichterung bei der ersten Inbetriebnahme. Dieser Schritt ist jedoch nur ein Teil des gesamten Setup-Prozesses. Die Art und Weise, wie verschiedene Hersteller diesen QR-Code-Scan in ihre spezifischen Konfigurationsroutinen integrieren, variiert stark. Das hängt davon ab, ob ein Unternehmen eine eigene App mit zusätzlichen Funktionen bereitstellt, und ob diese App als Matter-Controller fungiert oder nicht. Es wurde beispielsweise in einem Test mit smarten Steckdosen festgestellt, dass kein Einrichtungsprozess dem anderen glich. Nur diejenigen, die innerhalb der Grenzen eines Ökosystems bleiben, bemerken diese Differenzen oft nicht.

Blick in die Zukunft: Wie wird sich Matter weiterentwickeln?

Die Zukunft von Matter sieht nach wie vor vielversprechend aus, mit Plänen zur Erweiterung des Standards und zur Verbesserung der Interoperabilität. Die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen und eine stärkere Fokussierung auf Benutzerfreundlichkeit sind entscheidend, um das volle Potenzial von Matter zu entfalten. Bereits mit dem neuesten Update auf Version 1.2, das im Oktober 2023 eingeführt wurde, hat Matter eine umfassende Erweiterung erfahren.

Fazit: Das Potenzial ist da – die Umsetzung lässt noch auf sich warten

Zwei Jahre nach seiner Einführung steht Matter an einem entscheidenden Wendepunkt. Zwar hat der Standard das Fundament für ein vereinheitlichtes Smart Home gelegt, doch die vollständige Verwirklichung seiner Versprechen bleibt eine Baustelle. Matter hat nach wie vor das Potenzial, die Art und Weise, wie wir unsere Smart Homes konstruieren und steuern, dauerhaft zum Besseren zu verändern. Dafür braucht es aber eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Verbesserungen in maßgeblichen Bereichen.

Am Ende bleibt zu unterstreichen, dass das hoch gesteckte Ziel eines vollständig vereinheitlichten Smart Homes, in dem alle Geräte nahtlos miteinander kommunizieren, noch nicht ganz erreicht ist. Matter hat jedoch weiterhin zweifellos das Potenzial, die Smart-Home-Welt zu revolutionieren. Doch es wird eine kontinuierliche Entwicklung, Geduld und vor allem die Kooperation aller Beteiligten erfordern, um diese Vision vom „Überstandard“ Wirklichkeit werden zu lassen.

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